Auf Schienen durch Hamburg
Rund 80 Jahre lang bestimmten rot-weiße Straßenbahnen das Straßenbild Hamburgs. Liebevoll nannte man vor allem die Modelle der Nachkriegszeit auch Sambawagen: Das ruckelnde Anhalten der Bahnen zwang die Fahrgäste dazu, einen Schritt nach vorn zu machen, der dem Ausfallschritt beim Samba-Tanz glich.
1978 wurde der Betrieb mit dem Ausbau der S-, U- und Busnetze schließlich eingestellt. Auf ihrer Abschiedstour vom Rathausmarkt bis nach Schnelsen verabschiedeten sich zehntausende Fahrgäste von der Hamburger Tram, die bis dahin auf 20 Linien in der Stadt unterwegs war. Heute erinnern noch einzelne Schienen, Leitungsnetze und sogar echte Straßenbahnwagen an die Ära der Straßenbahn.
Auf den Spuren der Hamburger Tram
Zwar wurden die Schienen der Straßenbahn nur Stunden nach der letzten Fahrt entfernt, Überreste finden sich aber auch heute noch. Teilweise auch an ungewöhnlichen Orten, wie in einem Lokstedter Baumarkt. Dieser wurde auf dem alten Straßenbahndepot errichtet und erinnert mit einem alten Straßenbahnwagen an die verkehrshistorische Bedeutung des denkmalgeschützten Geländes.
Ein weiteres Überbleibsel befindet sich in der Dorotheenstraße in Winterhude. Geschützt vor der Witterung, verbringt hier ein Wagen der Baureihe V6 in einem Supermarkt-Parkhaus seinen Lebensabend. Liebevoll restauriert von einem ehemaligen Schaffner, der zu einer Zeitreise einlädt. Immer samstags von 10 bis 18 Uhr kann man hier einen Blick in das alte Verkehrsmittel werfen. Früher befand sich in Winterhude übrigens der Straßenbahn-Betriebshof. Auch einige alte Gleise haben überlebt, wenn auch zum Teil nur symbolisch. In der Straßburger Straße in Dulsberg sind noch echte Schienen zu sehen und in Ottensen erinnert ein Muster im Kopfsteinpflaster der Straße "Bei der Reitbahn" an den alten Fahrtweg der Straßenbahn.
Insgesamt 30 Wagen wurden von der HOCHBAHN nach dem offiziellen Ende der Straßenbahn verkauft - einige davon an Museen im In- und Ausland, andere pendelten noch ein wenig länger gemeinsam mit weiteren historischen Wagen durch San Francisco oder an der New Yorker Ostküste entlang. Echten Fahrspaß kann man in der Nähe von Kiel am Schöneberger Strand erleben: Im Museumsbahnhof fährt dort ein Wagen der ehemaligen Linie 21.
Unterwegs mit der Pferdebahn
Begonnen hatte die Geschichte des ersten elektrischen Massentransportmittels in Hamburg in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit der Industrialisierung war nicht nur in den Fabriken Hamburgs ein neues Zeitalter angebrochen. Auch neue Verkehrsmittel mussten her, um immer mehr Menschen durch und in die wachsende Stadt zu befördern. Schnell reichten die Kapazitäten der sogenannten Pferdebahn nicht mehr aus, um die Fahrgäste zu transportieren. Die Pferdeomnibusse waren ein Vorläufer der Straßenbahnen und wurden von Pferden über Schienen gezogen. Sie wurden 1866 eingeführt und haben zum Beispiel Wandsbek, Eimsbüttel oder Barmbek an die Innenstadt angebunden.
Mit der steigenden Anzahl an Fahrgästen wuchs auch der Bedarf an Liniennetzen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bauten daher immer mehr private Betreiber Schienennetze durch Hamburgs Straßen. 1878 wurde auch Altona - damals noch unabhängig von Hamburg - durch die Hamburg Altonaer Pferdebahn an die Stadt angeschlossen.1894 nahm schließlich die erste elektrische Straßenbahn den Betrieb auf. Nach und nach wurden bis 1922 auch die übrigen Netze der Pferdebahn auf den elektrischen Antrieb umgestellt.
Bahnen in ganz Hamburg
Mit dem Ausbau der Straßenbahnnetze wurde auch Hamburg immer urbaner: 1914 war die Stadt bereits von den Linien 1 bis 40 erschlossen worden und man konnte bis nach Harburg, Schnelsen oder Billstedt reisen. Von Altona aus fuhr man mit der konkurrierenden Zentralbahn und ab 1912 begann auch der Ausbau des U-Bahnnetzwerks. Im Jahr 1918 transportierte allein die Straßenbahn jährlich über 200 Millionen Menschen.
Kriegszeiten und das Aus der Straßenbahn
Insbesondere während des Zweiten Weltkrieges wurden große Teile des Straßenbahnnetzes zerstört und zum Teil auch nicht wieder aufgebaut. 1947 standen die wichtigsten Linien zwar wieder zur Verfügung und auch neue Linien wurden eingerichtet, zehn Jahre später beschloss der Senat jedoch, künftig mehr in den S- und U-Bahnbetrieb sowie in den Ausbau der Buslinien zu investieren.
1976 waren schließlich noch die drei Linien 1, 2 und 14 unterwegs. Die Linie 1 verband den Rathausmarkt mit dem Lattenkamp, Linie 2 verkehrte von Schnelsen bis zur Veddel und die 14 brachte ihre Fahrgäste von der Veddel über Winterhude bis zum Grindelberg. Am 30. September 1978 fuhr die Linie 2 schließlich ein letztes Mal: Viele Hamburger jubelten der Straßenbahn auf ihrer letzten Reise vom Rathausmarkt bis in den Norden der Stadt zu und verabschiedeten sich vom lang bekannten Transportmittel.