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Stolpersteine an der Universität Hamburg verlegt

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Die Universität gedenkt zehn Opfern des Nationalsozialismus

Rede Ole von Beusts anlässlich der Verlegung von 10 Stolperteinen Rede Ole von Beusts anlässlich der Verlegung von 10 Stolpersteinen, im Hintergrund: Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg, und Maria Jepsen, Bischöfin der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche

Stolpersteine an der Universität Hamburg verlegt

Im Rahmen einer Feierstunde sind heute, am 22. April 2010, zehn „Stolpersteine“ auf dem Bürgersteig vor dem Hauptgebäude der Universität Hamburg, Edmund-Siemers-Allee 1, verlegt worden. Sie sollen an ehemalige Mitglieder der Universität erinnern, die in den Jahren 1933 bis 1945 aufgrund ihrer jüdischen Herkunft oder ihrer politischen Überzeugungen Opfer des Nationalsozialismus wurden.

Gedacht wurde Dr. Ernst DELBANCO, Hedwig KLEIN, Prof. Dr. Agathe LASCH, Prof. Dr. Gerhard LASSAR, Dr. Martha MUCHOW, Prof. Dr. Kurt PERELS, Hans Conrad LEIPELT, Reinhold MEYER, Margarethe ROTHE, Friedrich GEUSSENHAINER. Unter den 10 Stolpersteinen vor dem Hauptgebäude der Universität befindet sich der dreitausendste in Hamburg insgesamt verlegte Stein.

Vor den rund 200 Menschen, die sich am Donnerstagmorgen versammelten, sprachen neben Peter Hess, dem Organisator des Projekts „Stolpersteine in Hamburg“, der Bischöfin Maria Jepsen, dem Präsidenten der Universität Dieter Lenzen, dem AStA-Vertreter Séverin Pabsch und dem Künstler Gunter Demnig auch der Erste Bürgermeister Ole von Beust:

„Die Stolpersteine sind eine ebenso taktvolle, unaufdringliche wie eindringliche Aktion gegen das Vergessen. Hinter jedem Stein verbirgt sich ein persönliches Schicksal: Ich selbst war tief bewegt, als ich in Lübtheen vier Stolpersteine für Mitglieder meiner Familie enthüllen durfte. Sie erinnern an die Geschwister meines jüdischen Großvaters, die von den Nazis in den Tod getrieben wurden. Solange Namen genannt werden, sind diese Menschen nicht vergessen.“

Dieter Lenzen, der Präsident der Universität, sprach anlässlich der Verlegung von der „Verpflichtung zum Innehalten“, die man mit den Stolpersteinen eingehe. „Wir werden weitergehen auf diesem Weg der bekennenden Erinnerung, der zu einer verantwortungsbewussten, aufgeklärten Universität der Nachhaltigkeit gehört. Denn Nachhaltigkeit, das heißt auch Zukunft im Bewusstsein einer Vergangenheit.“

Der Verlegung ging eine Spendensammlung unter den Mitgliedern der Universität voraus, die weit mehr als die für die Verlegung erforderlichen 950,- Euro erbrachten. Der Überschuss wird für weitere Maßnahmen im Bereich der Erinnerungskultur der Universität eingesetzt, so beispielweise für Gedenktafeln in den Hörsälen oder im Foyer des Hauptgebäudes.

Die Feierstunde war eine gemeinsame Veranstaltung des Projekts „Stolpersteine in Hamburg“ und der Universität.

Informationen zu den Personen, derer mit den Stolpersteinen gedacht wird:

Dr. Ernst DELBANCO

Geboren am 21.2.1869 in Hamburg, war seit 1921 Honorarprofessor für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Medizinischen Fakultät. Zum 31.7.1933 wurde ihm als „Nichtarier“ die Lehrbefugnis entzogen. Ernst Delbanco beging am 31.3.1935 Selbstmord.

Hedwig KLEIN

Geboren am 19.2.1911 in Antwerpen, bestand am 18.12.1937 ihr Rigorosum mit dem Hauptfach Islamwissenschaft, erhielt aber als „Nichtarierin“ nicht den Doktorbrief. Der Kriegsausbruch erzwang ihre Umkehr von der Fahrt ins rettende Exil zurück nach Hamburg, von wo sie am 11.7.1942 nach Auschwitz deportiert wurde.

Prof. Dr. Agathe LASCH

Geboren am 4.7.1879 in Berlin, war seit 1917 am Deutschen Seminar in Hamburg tätig und wurde 1923 die erste Professorin der 1919 gegründeten Universität. Von ihrer außerordentlichen Professor für Niederdeutsche Philologie als „Nichtarierin“ zum 30.6.1933 vertrieben, zog sie nach Berlin, von wo sie am 12.8.1942 in den Tod deportiert wurde.

Prof. Dr. Gerhard LASSAR

Geboren am 16.2.1888 in Berlin, wurde 1925 Extraordinarius für Öffentliches Recht an der Hamburger Universität. Als „Nichtarier“ zum 1.1.1934 entlassen, zog er nach Berlin, wo er sich am 6.1.1936 das Leben nahm.

Dr. Martha MUCHOW

Geboren am 25.9.1892 in Hamburg, war enge Mitarbeiterin William Sterns und seit 1929 Wiss. Rätin am Psychologischen Institut. Nach Sterns Verdrängung sollte sie in den Schuldienst zurückkehren; sie erlag am 29.9.1933 den Folgen eines Selbstmordversuches.

Prof. Dr. Kurt PERELS

Geboren am 9.3.1878 in Berlin, wurde 1909 auf den Lehrstuhl für Öffentliches Recht am Hamburger Kolonialinstitut berufen. Angesichts seiner bevorstehenden Entlassung als „Nichtarier“ von seinem Ordinariat und Richteramt nahm er sich am 10.9.1933 das Leben.

Hans Conrad LEIPELT

Geboren am 18.7.1921 in Wien, 1940 als „Halbjude“ aus der Wehrmacht entlassen, musste sein im heimatlichen Hamburg begonnenes Chemiestudium zum WS 1941/42 in München fortsetzen. Dort organisierte er eine Geldsammlung zur Unterstützung der Witwe des hingerichteten Professors Kurt Huber und verbreitete mit anderen Studenten regimekritische Nachrichten. Er hatte entscheidenden Anteil an der Information seiner Hamburger Freunde über die Münchener „Weiße Rose“. Am 8.10.1943 in München verhaftet, wurde er am 13.10.1944 vom Volksgerichtshof wegen „Wehrzersetzung und Feindbegünstigung“ zum Tode verurteilt und am 29.1.1945 in München Stadelheim ermordet.

Reinhold MEYER

Geboren am 18.7.1920 in Hamburg, war Juniorchef der „Buchhandlung der Agentur des Rauhen Hauses“ in Hamburg, wo er auch Germanistik studierte. Als Angehöriger eines regimefeindlichen Freundeskreises am 19.12.1943 verhaftet, kam er ins Gestapo-Gefängnis Fuhlsbüttel. Nach mehrmonatiger Haft im KZ Neuengamme starb er unter ungeklärten Umständen am 12.11.1944 in Fuhlsbüttel.

Margarethe ROTHE

Geboren am 13.6.1919 in Hamburg, wurde als Medizinstudentin an der Hamburger Universität am 9.11.1943 wegen ihrer Zugehörigkeit zu einem Freundeskreis von Regimegegnern verhaftet. Nach mehreren Stationen in deutschen Gefängnissen starb sie während der Haft am 15.4.1945 an den Folgen einer Lungentuberkulose in Leipzig-Dösen.

Friedrich GEUSSENHAINER

Geboren am 24.4.1912 in Neumünster, wurde als Famulus im Universitätskrankenhaus Eppendorf wegen seiner Opposition zur Nazi-Diktatur im Juli 1943 verhaftet. Nach Verlegung von Fuhlsbüttel in das KZ Neuengamme im Mai 1944 wurde er am 7.10.1944 in das KZ Mauthausen überführt, wo er Ende April 1945 umkam.

Auf der Seite http://www.stolpersteine-hamburg.de/ gibt es eine Übersicht über sämtliche in Hamburg verlegte Stolpersteine.

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