Wer an dunkelnden Herbstnachmittagen das Wittmoor betritt, kann erfassen, was das Moor in der Literatur so einmalig macht: sein eigenartiges, eher morbides denn vitales Landschaftsbild, seine auch bedrückende Stille, die kalte durch die Kleider kriechende Feuchte. Und er wird sich der Sagen und Märchen oder auch mancher Gedichte erinnern, in denen das Moor die Bühne für ebenso wundersames wie schreckliches Geschehen gab.
In der Tat bietet das Wittmoor das wohl eindrucksvollste Bild eines ehemaligen Hochmoores in Hamburg. An den Abstichkanten der mächtigen bis zu drei Meter hohen Torfschichten sind noch viele einzelne Pflanzenreste zu erkennen.
Für den Botaniker oder Forstwissenschaftler ist das Wittmoor eine Fundgrube für die Dokumentation der Vegetations- und Waldgeschichte seit der letzten Eiszeit und auch für den Laien eine eindrucksvolle Bebilderung der Jahrtausend langen Geschichte der Entstehung dieses Moores, das als Naturschutzgebiet auf Hamburger und Schleswig-Holsteiner Flächen liegt.
Pflanzenwelt

Hochmoore sind durch die extreme Versäuerung ihres Bodenkörpers recht artenarm. Nur ausgesprochene Spezialisten können sich neben dem landschaftsprägenden Torfmoos behaupten. An den Rändern wachsen Birken, Gagelstrauch und Blaubeere. Die feuchten Zonen der Moorseen sind geprägt von Fieberklee, Sumpfblutauge, Ährenlilie oder Schnabel-Segge. Auf dem Hochmoorblock sind Schnabelried, Scheidiges Wollgras, Moosbeere und verschiedene andere Zwergsträucher zu finden.
Ein Nahrungsspezialist ist der Rundblättrige Sonnentau, der auf den Polstern der Torfmoose wächst. Der Standort der kleinen Pflanze auf dem lockeren Moos ist so armselig, dass keine Konkurrenten folgen können, um ihr den Platz streitig zu machen. Für ihre eigene Existenz hat sie eine ganz besondere Lebensstrategie entwickelt.

Bild: © Naturschutzamt
Was der Sonnentau mit seinen wenigen feinen Wurzeln nicht an lebenswichtigen Nährstoffen zwischen den Torfmoosen findet, beschafft er sich durch den Fang von Insekten, die er anschließend regelrecht verdaut. Sein Fanggerät sind die löffelförmigen zu einer Rosette geordneten Blätter, von denen die Pflanze über dem ständig wachsenden Torfmoos in der Schwebe gehalten wird. Auf den Blattoberseiten stehen rot gefärbte bewegliche Tentakel. Aus deren Enden scheiden Drüsen kristallklare klebrige, in der Sonne hell glitzernde, Tropfen aus, "Sonnentau" also, Namensgeber der Pflanze.

Das Glitzerwerk ist verhängnisvoll und bestraft die Neugier kleiner Nektarsucher gnadenlos. Wenn solch ein Tierchen, sei es Fliege, Käfer oder Ameise, auf der Nahrungssuche mit den Tropfen in Berührung kommt, ist es aus mit dem Insektenleben. Aus der klebrigen Falle gibt es kein Entrinnen. Die Tentakel neigen sich dem Opfer zu, drücken es gegen die Blattfläche. Durch einen Verdauungssaft wird das Beutetier verflüssigt und von den Tentakeln aufgesogen. Der ganze Vorgang dauert ein bis drei Tage. Danach richten sich die Greifer wieder auf, sondern neue Klebetropfen ab, und das Blatt ist wieder fangbereit.
Umgeben ist der Hochmoorblock auch von anderen Vegetationsformen wie Heiden, Trockenrasen oder extensiv genutztem Grünland.
Tierwelt

Das Wittmoor ist aufgrund des sauren Milieus des Hochmoorbodens arten- und auch individuenarm. Regenwürmer, Egel, Asseln, Weichtiere fehlen zumeist. Reich vertreten sind dagegen bestimmte Libellenarten wie Moosjungfer und Torf-Mosaikjungfer oder die Schwarzen und Roten Heidelibellen. Auf die durch Wasserstau vernässten Flächen sind Gras- und Moorfrosch zurückgekehrt.
Bergeidechsen, Ringelnattern und Kreuzottern gibt es im Wittmoor wieder häufig. Aus der Vogelwelt sind vor allem Fitislaubsänger, Baumpieper und Goldammer zu nennen, die ihre Gelege überall in den ausgetrockneten Moorpartien haben. In den kleinen Moorweihern brüten Krickenten. Die hochmoortypischen Vogelarten wie Birkhuhn und Großer Brachvogel sind aufgrund ihrer Störungsempfindlichkeit aus dem Wittmoor verschwunden. Habicht und Turmfalke kommen auf den baumlosen Flächen gern zur Jagd, und während der Zugzeiten können auch Waldschnepfe, Bruch- und Waldwasserläufer beobachtet werden.
Die Naturschutzgebiets-Verordnung finden Sie hier.