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Anne Marie Barth

( Anne Marie Barth, geb. Ehlers )
(10.9.1899 Altona-Stellingen – 25.6.1986 Wennigsen)
Verfolgte des Nationalsozialismus
Brunckhorstweg 2 (Wohnadresse)
Namensgeberin für: Anne-Barth-Weg, seit 2006
Anne Marie Barth, Bildquelle: Archiv Jehovas Zeugen, Selters
Anne Marie Barth wurde 1899 in Stellingen geboren und lebte dort bis 1984 im Brunckhorstweg 2. Nach dem Besuch der Volksschule war sie von 1914 bis 1920 „in Stellung“ und arbeitete von 1920 bis 1924 im Fernsprechamt. 1925 heiratete sie den acht Jahre älteren Schlosser Johann Barth. Das Ehepaar bekam drei Kinder, das jüngste wurde 1931 geboren.
Anne Barth gehörte mit ihrem Mann den in der NS-Zeit verbotenen Zeugen Jehovas an.. Wegen ihrer religiös motivierten Verweigerungshaltung als Zeugen Jehovas geriet das Ehepaar ins Visier der Verfolger. 1935 wurde Johann Barth, der als Stellwerksführer bei der Reichsbahn tätig war, wegen der Verweigerung des Diensteides auf Hitler mit 4/5 der Pension entlassen. 1936 erfolgten mehrere Hausdurchsuchungen. Am 26. August 1936 wurde Anne Barth verhört. In dem Verhörprotokoll wurde vermerkt: „Seit dem Jahre 1932 gehöre ich den ‚Ernsten Bibelforschern’ an. (…) Wenn mir vorgehalten wird, dass in unserer Wohnung noch jetzt immer Anhänger der Bibelforscher verkehren, so kann ich darauf erwidern, dass es stimmt. Er verkehren bei uns die Brüder (…) und die Schwester (…). Mit diesen unterhalten wir uns über das Wort Gottes. Wenn mir vorgehalten wird, daß ich doch gewusst habe, dass die ‚Ernsten Bibelforscher’ verboten sind, so kann ich auch darauf erwidern, dass ich von dem Verbot wußte. Wir werden aber von dem Wort Gottes geleitet und darum haben wir die Bibel zur Hand genommen. Wenn ich über die weiteren Brüder und Schwestern, die bei uns verkehren, eine Auskunft geben kann, so muß ich sagen, dass ich es nicht tue. Wir wissen ganz genau, dass die Verfolgung so groß ist. Ich mache auch weiter keine Angaben. Ich will kein Judas sein und wir haben auch eine viel zu große Verantwortung.“ Anne Barth wurde nach der Vernehmung entlassen, weil sie drei unmündige Kinder hatte.
Johann Barth wurde im August 1936 wegen „fortgesetzter Betätigung für die verbotenen ‚Ernsten Bibelforscher’ (Zeugen Jehovas)“ festgenommen und kam ins Gefängnis Altona in Untersuchungshaft. Am 1. September 1936 kam es wegen oben genannter Beschuldigung vor dem Schleswig-Holsteinischen Sondergericht in Altona zur Anklage. Angeklagt wurde nun auch Anne Bath und vier weitere Zeugen Jehovas, denen vorgeworfen wurde, an den Zusammenkünften in der Wohnung der Eheleute Barth teilgenommen zu haben. Am 24. September 1936 erfolgte der Freispruch für die Angeklagten. Hierzu kam es, weil das Ehepaar Barth in der Verhandlung den Mut aufbrachte, deutlich zu machen, dass ihre Angaben – in ihrer Wohnung hätte es Zusammenkünfte mit den Brüdern (…) und der Schwester (…) gegeben – nicht aus freien Stücken erfolgt waren, sondern unter Androhung massiver Schläge. Da der Kriminalangestellte, der das Ehepaar verhört hatte, nicht beschwören wollte, dass es sich nicht so zugetragen hatte und er weitere Aussagen zu diesem Punkte verweigerte, kam das Gericht zum Freispruch „mangels ausreichender Beweise“.
Anfang 1937 kam Johann Barth für ein halbes Jahr in Schutzhaft. Im November 1937 wurde er zu 2,5 Jahren und Anne Barth zu einem Jahr Gefängnis wegen verbotener Bibelforschertätigkeit verurteilt: Für Anne Barth wurde die Strafe zu einer dreijährigen Bewährung ausgesetzt.
Die Familie stand weiterhin unter Staatskontrolle. Hans Barth wurde eine zeitlang die väterliche Gewalt über die beiden älteren Kinder entzogen und man bedrohte Anne Barth ihr das jüngste Kind zu nehmen, wenn es nicht in den BDM eintrete.
1965 starb Johann bei einem Unfall. 1984 zog Anne Barth zu ihrer Tochter nach Wennigsen.
„Die Zeugen Jehovas, wie sich die Angehörigen der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung seit 1931 nannten, wurden 1933 als erste Glaubensgemeinschaft verboten. Die Nationalsozialisten sahen in ihnen ‚Wegbereiter des jüdischen Bolschewismus’, angegriffen wurde ihr Bekenntnis zur Gleichheit der Rassen und ihre ‚Fremdlenkung’ aus den USA. Die Zeugen Jehovas gerieten in scharfen Gegensatz zum nationalsozialistischen Staat. Sie verweigerten den Hitlergruß, nach ihrem Verständnis war nur Gott ‚Heil’ zuzusprechen. Sie traten nationalsozialistischen Vereinigungen nicht bei, gaben ihre Kinder nicht in die Hitlerjugend und übten keinen Kriegsdienst aus wegen des biblischen Gebots, nicht zu töten. Nach dem Verbot der Organisation führten sie ihre Religionsgemeinschaft illegal weiter. Die Geschlossenheit der Gruppe und ihr starker Glaube führten zu einer hohen Beteiligung an Widerstandsaktionen. Dagegen gingen Gestapo und Justiz hart vor. Mit Kriegsbeginn nahm die Verfolgung noch zu. Zwischen 1933 und 1945 wurden über 1300 Zeuginnen Jehovas in den Konzentrationslagern gefangen gehalten und dort wie die rund 3000 männlichen Gefangenen in einer eigenen Häftlingskategorie gekennzeichnet mit dem ‚lila Winkel’.“ Seit 2006 gibt es im Hamburger Stadtteil Stellingen einen Anne-Barth-Weg.
Text: Rita Bake
Zitate aus:
Birgit Gewehr: Stolpersteine in Hamburg-Altona. Biographische Spurensuche. Hamburg 2008, S. 25.
 

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