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Ida Ehre

(9.7.1900 - 16.2.1989)
Schauspielerin, Regisseurin und Prinzipalin der Hamburger Kammerspiele
Hartungstraße 9-11, Kammerspiele (Wirkungsstätte)
Hallerstraße 74 (Wohnadresse)
Namensgeberin für: Ida-Ehre-Platz
Ida-Ehre-Gesamtschule, Bogenstraße
Bestattet Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756, Grab: 0 6,6. Ein „Grab des öffentlichen Interesses“
Ida Ehre wuchs mit fünf Geschwistern auf und musste durch den frühen Tod ihres Vaters, einem Oberkantor, „äußeren“ Mangel erfahren. Ihre Mutter Berta Ehre versuchte mit Nähen den Lebensunterhalt zu verdienen. Eine Wiederverheiratung kam für sie nicht in Frage, sie wollte ihren Kindern keinen zweiten Vater geben. Die Mutter verstand es, ihre Kinder mit Einfühlungsvermögen, Herzenswärme und Toleranz zu freien Menschen zu erziehen und ihnen „viele, viele Tugenden“ zu vermitteln, um deren Erhalt Ida Ehre sich zeitlebens bemühte. Besonders wurde ihr der Satz zum Leitfaden, den ihr die Mutter am Abend vor ihrem Abtransport nach Theresienstadt, als sie schon in einer Schule interniert war, durchs Fenster zugerufen hatte: „Mein geliebtes Kind, die Welt kann nur miteinander leben, wenn das Wort Liebe großgeschrieben ist. Liebe und Toleranz – nicht hassen, nur lieben.“ Die Mutter und eine Schwester wurden im KZ ermordet.
Die Mutter war es auch, die Ida Ehres schauspielerische Begabung, die schon in der Schulzeit auffiel, ernst nahm.
Ida Ehre erhielt in Wien, wohin die Mutter mit ihren Kindern gezogen war, ein Stipendium an der K. u. K.-Akademie für Musik und darstellende Kunst. Nach der dreijährigen Ausbildung und den folgenden vielen Aufenthalten an verschiedenen Bühnen kam Ida Ehre 1931 nach Berlin, wo sie für den Rundfunk arbeitete und einen Filmvertrag erhielt. Doch der Film wurde nicht mehr gedreht. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erhielt Ida Ehre Berufsverbot.
Ihr Mann, der Arzt Dr. Bernhard Heyde, den sie geheiratet hatte, als die gemeinsame Tochter Ruth (geb. 1928) unterwegs war, kündigte seine Stellung als Oberarzt. Gemeinsam ging die Familie nach Böblingen und eröffnete dort eine Praxis. Doch die NS-Ideologie machte auch vor dem Privatleben des Paares nicht halt. Als überzeugter Deutschnationaler erklärte Bernhard Heyde seiner Frau 1934, er werde zwar sie und die Tochter nicht verlassen, als deutscher Mann könne er aber nicht mehr mit ihr intim sein. Er erwarte von ihr keine Treue, und wenn sie schwanger werden sollte, so würde er das Kind als das seine akzeptieren.
Ida Ehre lernte Wolfgang (der Nachname ist nicht bekannt) kennen. Und es begann ein Dreier- bzw. Vierecksverhältnis, denn auch Bernhard Heyde ging eine außereheliche Liebesbeziehung ein.
Während Bernhard Heyde als „wehruntüchtig“ galt, da er sich zum Schutze seiner Frau weigerte, sich scheiden zu lassen, und so die Familie mit Praxisvertretungen über Wasser halten konnte, wurde Wolfgang als Soldat eingezogen. Als ihn sein Bruder unter Druck setzte, das Verhältnis mit einer Jüdin aufzugeben, verließ Wolfgang seine Geliebte und heiratete die Freundin Bernhard Heydes, Maria, um, wie er sagte, bei der Rückkehr von der Front, jemanden zu haben, mit dem er reden könne.
1943 kam Ida Ehre für sechs Wochen ins KZ Fuhlsbüttel.
Nach dem Krieg, 1948, tauchte Wolfgang wieder in Hamburg auf, das Verhältnis begann von neuem. Siebzehn Jahre lang lebten Bernhard Heyde, Ida und Wolfgang in einer gemeinsamen Wohnung in der Hallerstraße. Dann stellte Wolfgang ein Ultimatum. Ida Ehre bat ihren Mann, sie gehen zu lassen. Er jedoch weigerte sich mit der Begründung, wer so lange verheiratet sei wie sie beide, solle sich nicht mehr trennen. Ida Ehre blieb aus Nibelungentreue.
1945 gründete Ida Ehre die Kammerspiele in der Hartungstraße. Das Haus hatte ihr der damalige britische Theateroffizier John Olden, später verheiratet mit der Schauspielerin Inge Meysel, verschafft. Ein Jahr später fand hier die legendäre Uraufführung von Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“ statt. „Bei der Verwirklichung des Programms, das sich die Prinzipalin vorstellte, standen ihr zwei wunderbare, unbezahlbare Helfershelfer zur Seite. Der britische Theateroffizier John Olden, der sie schon bei der Erteilung der Theaterlizenz unterstützt hatte, und, etwas später, Hugh Carlton Greene, der 1946 Chief-Controller des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) wurde. John Olden liebte das Theater, und er öffnete Ida Ehre immer wieder neue Türen auf ihrer Suche nach den Stücken, die während des Dritten Reiches in Deutschland nicht gespielt werden durften.
Mindestens ebenso wichtig als Gesprächspartner, Helfer und Freund war für Ida Ehre Hugh Carlton Greene, der später, in den sechziger Jahren, als Generaldirektor der BBC zum Sir geadelt wurde. (…)“ [1] Und auch Bürgermeister Max Brauer unterstützte Ida Ehre und „sorgte auf Drängen Ida Ehres dafür, daß das Haus in der Hartungstraße von der Stadt angekauft und der Prinzipalin zur Verfügung gestellt wurde“. [2]
Einer ihrer Kinderdarsteller war der spätere Schriftsteller Hubert Fichte. Er war damals zwölf Jahre alt und „gleich bei den ersten Aufführungen dabei. ‚Wie sollten wir leben ohne das Geld, das ich dazuverdiente?‘ Der Kinderdarsteller sauste zwischen Schule und Theater hin und her (…).“ [3]
„Ida Ehre war von 1946 bis 1948 Vizepräsidentin des Deutschen Bühnenvereins.“5) Als dessen Vertreterin saß sie auch im Entnazifizierungs-Komitee, das sich mit der NS-Belastung von SchauspielerInnen beschäftigte. In diesem Komitee wurde am 25. August 1945 entschieden, dass u. a. Heidi Kabel und ihr Mann Hans Mahler eine zwölfmonatige Auftrittssperre bekamen.
Grabplatte Ida Ehre, Quelle: Verein Garten der Frauen e. V.
Ida Ehre „gehörte von 1948 bis 1952 dem Hauptausschuß des Nordwestdeutschen Rundfunks an, war 13 Jahre Mitglied des Verwaltungsrates des Norddeutschen Rundfunks. Sie setzte sich mit all der Kraft, die ihr zur Verfügung stand, jahrelang für die Interessen sämtlicher Privattheater in Hamburg ein. (…) Sie hatte zwei Weltkriege durchlitten. Und sie hatte daraus gelernt, sich einzumischen. Laut zu schreien gegen den Krieg, für den Frieden, für Freiheit, für Toleranz, nicht opportunistisch zu handeln, sondern mutig und gradlinig.“ [4]
Für ihre Verdienste um den kulturellen Wiederaufbau der Stadt erhielt sie 1970 als erste Frau die seit 1956 vergebene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen, 1975 den Professorentitel, 1983 das große Bundesverdienstkreuz. 172 Jahre nachdem zum ersten Mal Hamburgs höchste Auszeichnung, die Ehrenbürgerwürde vergeben wurde, erhielt Ida Ehre 1985 diese als erste Frau verliehen.
Text im Wesentlichen: Brita Reimers
Quellen:
1 Anna Brenken: Ida Ehre. Hamburg 2002, S. 51. (Hamburger Köpfe. Hrsg. von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius)
2 Anna Brenken, a.a.O., S. 53.
3 Anna Brenken, a.a.O., S. 57.
4 Anna Brenken, a.a.O., S. 11.
Vgl. auch: Ida Ehre: Gott hat einen größeren Kopf, mein Kind… 5. Aufl. München, Hamburg 1989.
 

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