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Mutter Witt

Wirtin
„Alter Grogkeller“ Vorsetzen (Wirkungsstätte)
„Das ist eine eigene Welt für sich, ein kleines Babel! Schon die Schilder an den vielen Tabacks- und Theeläden, den Schnapsbuden und Wirthshäusern beweisen dies. (...) Da liest man manch’ einladendes ‚Welcome my Saylor!‘ an den Schnapsboutiquen. (...) In dieser Gegend der Stadt hat Hamburg ganz das Gepräge einer Seestadt. (...) Längs den schmalen, niederträchtig gepflasterten, mit vielen schiefen und schlechten Häusern eng bebauten Vorsetzen hin spazierend, hat man die gerade Aussicht auf den Binnenhafen mit seinem majestätischen Mastenwalde (...)“, schrieb 1896 die „Stimme aus Hamburg“ über den Vorsetzen. Heute fasziniert immer noch der Blick auf den Hafen, aber die alten Häuser sind abgerissen oder zerbombt worden, ebenso die alten Hafenkneipen. Dafür bieten hier seit einigen Jahrzehnten portugiesische Gaststätten ihre landestypischen Gerichte an.
Der Beruf der Wirtin war seit Jahrhunderten eine Domäne der Frauen. Besonders wenn sie die Fähigkeiten des Tröstens und Zuhörens beherrschten, wenn sie robust und direkt waren, konnten sie mit einer großen männlichen Stammkundschaft rechnen. Bei solchen Wirtinnen wurde die Kneipe zum verlängerten Wohnzimmer, fühlten sich Männer in den Mutterschoß zurückversetzt und konnten endlich die viel zu schwer auf ihnen lastende Verantwortung und Tagesmüh mit ein paar Korn und Brause die Kehle hinunterspülen.
In der Alt- und Neustadt gab es viele solcher Kneipen, besonders konzentrierten sie sich in der Hafengegend. Eine von ihnen beschrieb im Jahre 1952 der Reporter der „Hamburger Freien Presse“, Peter Klahn: „Nicht weit von der Herrlichkeit, an den Vorsetzen unten, gab es noch einen Keller, den (...) Alten Grogkeller von Mutter Witt. Am schönsten war es da, wenn die Hochwasserböller am Stintfang ihren Warnungssalut in den Weststurm schossen und das Wasser am Baumwall schon über die Straße lief. Dann mußte man über zwei hohe Schotten, zwischen denen Sandsäcke lagen, in den Keller hinunterklettern. Manchmal war das Grundwasser schneller als das Elbwasser, dann wurde von Stuhl zu Stuhl eine Bretterbrücke über den Kellersee gelegt, und man saß auf den Tischen.
Hier unten also regierte Mutter Witt, Tochter von Mutter Witt von ehedem, die ‚Platz und Gehaben ihrer Mutter erbte‘ und nun selbst mit gleicher Umsicht den blitzsauberen Keller betreute. Immer lag ein schneeweißer Sand auf dem Ziegelboden. Die Gläser auf den Holzpflöcken vor der dunkelgrünen Wand glänzten blitzsauber. Und im kupfernen Grogkessel, der links an der Wand über der Gasflamme summte, konnte man sich spiegeln.
Unvergeßliche Stunden; man saß und sah die Menschen von der Küste, wie sie kamen, tranken und zahlten, das war äußerlich gesehen recht nüchtern und barg doch soviel Atmosphäre, daß man auch ohne raufende Matrosen und bärtige Kapitäne den Herzschlag der Hafenstadt verspürte und den Hauch von Weite. Den Kupferkessel hatte Mutter Witt im Kriege, weil sie ihn nicht mit den Kirchenglocken zusammen loswerden wollte, ‚geborgen‘; – ach, hätte sie sich doch mit ihrem ganzen Keller auf einem Hausboot eingeschifft, so daß sie heute wieder landen könnte. Viele Worte für drei Hafenkneipen? Bitte, vergeßt nicht ihr Loblied steht für mancherlei trauliche ‚Inseln des Feierabends‘. Es gab und gibt viele brave Seemanns-Wirtinnen an der Küste zwischen Kajen und Fischmarkt; es gibt viele Frauen hinter der Theke, die vom Gast nur ‚Mutter‘ genannt werden (...).“
Text: Rita Bake
 

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