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Ortsgruppe Hamburg des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes

( Ortsgruppe Hamburg des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes (DEF) )
nach 1945 auch Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenorganisationen (ahf), so noch im Mitgliedsverzeichnis der ahf 1979 enthalten
Sierichstraße 84 (1915)
Hagedornstraße 31 (ehemals)
(Ausschnitt aus dem szenischen Rundgang: "Alles nur Theater mit den Frauen", Sprecherinnen: Rita Bake, Beate Kiupel)
Im 3. Stock des großbürgerlichen Etagenhauses Hagedornstraße 31 befand sich 1920 die Geschäftsstelle der 1900 gegründeten Ortsgruppe Hamburg des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes. Sein Zweck und Ziel: „Mitarbeit an der Lösung der Frauenfrage, sowie an der religiös-sittlichen Erneuerung und an der wirtschaftlichen und sozialen Hebung des Volkslebens.“
Hagedornstr. 31; Foto:© kulturkarte.de/schirmer
Der Deutsch-Evangelische Frauenbund (gegr. 1899) war ein konfessioneller Verband innerhalb der bürgerlichen Frauenbewegung. PD Dr. Kirsten Heinsohn formuliert zum DEF: „War die Frauenbewegung bis zur Jahrhundertwende eindeutig überkonfessionell geprägt, so markierte die Gründung des DEF eine deutliche Trendwende. Der DEF verstand sich als Teil der allgemeinen Frauenbewegung, doch wollte der Verband seine religiösen Grundsätze in die Bewegung einbringen. Dieses Selbstverständnis unterschied den DEF deutlich sowohl von anderen protestantischen Frauenorganisationen, wie den Diakonissen, (…)., aber auch vor allem bis dahin gegründeten allgemeinen Frauenvereinen, wie dem ADF [Allgemeiner Deutscher Frauenverein] oder dem Verein Frauenwohl. Die Gründerinnen des DEF sahen in ihrer Organisation eine bewußte Gegenbewegung innerhalb der als linksliberal verstandenen Frauenbewegung. Ihr Selbstverständnis als rechter Flügel der allgemeinen Frauenbewegung wurde im Programm des DEF erläutert, in dem eine Verknüpfung der ‚Frauenfrage‘ mit der ‚sozialen Frage‘ vorgeschlagen wurde. Der DEF wollte ‚im Sinne des in Gottes Wort geoffenbarten Evangeliums an der Lösung der Frauenfrage und der religiös-sittlichen Erneuerung des Volkslebens‘ mitarbeiten. (…).“ 1)
„Die Mitglieder des DEF in Hamburg kamen vorrangig aus den konservativen, evangelisch-lutherischen Kreisen, die zudem zu den führenden Familien in Hamburg zählten. (…)“ 2) Zum Vorstand des Vereins gehörten 1918 Fräulein Helene Sillem und Frau Sophie Döhner.
„Die konservative Ausrichtung des DEF zeigte sich nicht in der eigentlichen Aufgabenbeschreibung, sondern in der Betonung des Evangeliums als Deutungssystem für gesellschaftliche Probleme. In einem Flugblatt wurde deutlich ausgesprochen, wo der DEF die Grenze für die Frauenbewegung sah. Es hieß dort, daß ‚an der führenden Stellung des Mannes in Ehe und Staat nicht gerüttelt werden‘ soll und auch keine Beteiligung an den ‚Lohn- und Klassenkämpfen‘ beabsichtigt sei.“ 2)
Eine Domäne der bürgerlichen Frauenbewegung war die ehrenamtliche soziale Arbeit. Die Konfessionszugehörigkeit spielte für viele sich in der Wohltätigkeit agierenden Frauen eine wichtige Rolle. Denn viele Frauen wollten nicht nur helfen, sondern auch sittlich und religiös beeinflussen. Geholfen wurde deshalb vielfach nur denjenigen Personen, die sich den sittlichen und moralischen Vorstellungen der Gebenden unterwarfen.
Von der Ortsgruppe wurden gegründet: der Arbeiterinnenverein für Hamburg und Umgebung, Marschnerstraße 17; der Verein für Hausgehilfinnen, Freiligrathstraße; Hauswirtschaftliche Kurse in Nähen und Schneidern. „Die praktische Tätigkeit des hamburgischen DEF konzentrierte sich auf drei Gebiete: soziale Arbeit für Kinder, für Arbeiterinnen und die Gründung eines evangelischen Hausfrauenbundes. (…) Das wichtigste Arbeitsgebiet des DEF war zweifelsohne die soziale Unterstützung von Arbeiterinnen. Diese Tätigkeit wurde als Gegenbewegung zur sozialdemokratischen Organisation der Arbeiterinnen verstanden.“ 3)
„Ein weiteres Arbeitsgebiet des DEF war die Organisation der Hausfrauen. (…) Der Hausfrauen-Bund der Ortsgruppe des DEF (…) verfolgte die (..) Zielsetzung, (…)‘durch Wort und Schrift auf die Hausfrauen einzuwirken und sie zu einer neuzeitlichen Gestaltung des Dienstbotenverhältnisses zu veranlassen. (…)
Der DEF warb für das Gemeindewahlrecht der Frau, sprach sich aber dezidiert gegen das politische Wahlrecht für Frauen aus. (…)
Auch in der Auseinandersetzung über die Regelung der Prostitution nahm der evangelische Verband eine deutliche Stellung ein. (…) der DEF (…) unterstützte die abolitionistische Position, die die Abschaffung der Reglementierung forderte und heftig die doppelte Moral der Gesellschaft gegenüber Frauen und Männern kritisierte. Der Rückgriff der evangelischen Frauen auf das Evangelium führte zwar einerseits zu einer konservativen Auffassung über die Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern und im Staat, doch andererseits ermöglichte dieses Deutungssystem auch eine klare, an moralischen Grundsätzen entworfene Aussage über die Verwerflichkeit der doppelten Moral: ‚Der Staat schützt und unterstützt den Mann in seiner sinnlichen Begierde durch das Reglementierungssystem, das (…) ausgeht von dem Grundsatz der Notwendigkeit des außerehelichen Geschlechtsverkehrs für den Mann und bemüht ist, diesen Verkehr für ihn so gefahrlos wie möglich zu gestalten.‘ Diese öffentliche Stellungnahme erfolgte jedoch erst in den Jahren ab 1912, als (…) die Vereine Föderation und Frauenwohl schon über zehn Jahre gegen die Reglementierung gekämpft hatten.“ 4)
„Im Mai 1933 schickte sich das Regime an, auch die Frauenorganisationen neu zu strukturieren. Eine 'Deutsche Frauenfront' wurde gegründet und alle Frauenvereine aufgefordert, dieser beizutreten. Ein Beitritt bedeutete, die Führung der eigenen Organisation durch Nationalsozialisten zu akzeptieren, alle jüdischen Mitglieder sofort auszuschließen und die eigenen Ziele dem nationalsozialistischen Programm anzunähern. Weniger frauenbewegte Gruppen, wie der Bund Hamburger Hausfrauen oder auch der Deutsche Evangelische Frauenbund, versuchten sich anzupassen und akzeptierten ihre Unterordnung in der Deutschen Frauenfront.“ 5)
Auf der heutigen (2018) Website des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes heißt es in seiner dortigen Chronik über die Zeit des Nationalsozialismus: „Während des Dritten Reiches schloss sich der D.E.F.B. der kirchlichen Frauenarbeit an, um der Eingliederung in die NS-Frauenschaft beziehungsweise der Auflösung zu entgehen. Den Ortsgruppen wurde die Namensführung D.E.F.B. untersagt, und im Zuge der Entkonfessionalisierung musste ein praktisches Arbeitsgebiet nach dem anderen aufgegeben werden.“ www.def-bundesverband.de/ueber-uns/geschichte-des-def/ Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus arbeitete der DEF weiter. In seiner Chronik heißt es dazu: „Orientiert an den Anforderungen der jeweiligen Zeit, haben sich die Aufgaben des DEF verändert. Heute sind weitere Schwerpunkte von besonderer Bedeutung:
• Demographischer Wandel
Mitarbeit in Kirche, Diakonie und Gesellschaft mit bundesweit vernetzten Demographiebeauftragten
• Vermittlung von Alltagskompetenz in der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Haushaltsführungskräfte (AEH)
• Kommunikative Medienarbeit als Antwort auf die Orientierungslosigkeit in der immer größer werdenden Medienflut in bundesweiten Vernetzungstreffen.
Neben Bildungsarbeit, sozialer Arbeit und Gremienarbeit ist die ökumenische Arbeit, die Zusammenarbeit mit dem KDFB (Katholischer Deutscher Frauenbund), von großer Bedeutung. (…)“ www.def-bundesverband.de/ueber-uns/geschichte-des-def/
Quelle:
1) Kirsten Heinsohn: Politik und Geschlecht. Zur politischen Kultur bürgerlicher Frauenvereine in Hamburg. Hamburg 1997, S. 247f.
2) Kirstern Heinsohn, a. a. O., S. 252.
3) Kirsten Heinsohn, a. a. O., S. 253
4) Kirsten Heinsohn, a. a. O., S. 254.
5) Kirsten Heinsohn: Die Frauenfrage – ein Problem der Moderne, in: Rita Bake, Kirsten Heinsohn: „Man meint aber unter Menschenrechten nichts anderes als Männerrechte“. Zur Geschichte der Hamburger Frauenbewegung und Frauenpolitik vom 19. Jahrhundert bis zur Neuen Hamburger Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre. Hamburg 20, S. 133.
 

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