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Gisela Bührmann

(11.1.1925 – 7.4.2011 Hamburg)
Malerin, Grafikerin; Dozentin an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, ehemals
„Meisterschule für Mode“, Armgartstraße 54
Die erste Frau, die 13 Jahre nach der ersten Verleihung des Edwin-Scharff-Preises, diese Auszeichnung erhielt (1968).
Lokstedter Weg 46, Hamburg-Stellingen (Wohnadresse)
Armgartstraße 22 (Wirkungsstätte)
Sierichstraße 52 (Wirkungsstätte)
Harvestehuder Weg 63 (Wohnadresse und Wirkungsstätte)
Bestattet auf dem Nienstedtener Friedhof, Nienstedtener Marktplatz 19a, Grablage: Abt. 20, Nr. 95
Gisela Bührmann, Quelle: Nachlass Gisela Bührmann
Geboren als Tochter des Hamburger Holzhändlers Ernst Bührmann und seiner Frau Erna, geborene Umlauff, erlebte Gisela Bührmann ihre ersten Lebensjahre zunächst im Hamburg-Stellingen bei den Großeltern. Heinrich Umlauff, ihr Großvater mütterlicherseits, war Sohn des Gründers und nachmaliger Inhaber des „Weltmuseums“ bzw. „Museum Umlauff“.
Die Firma Umlauff hatte sein Vater Johann Friedrich Gustav Umlauff, ein ehemaliger Schiffszimmermann, 1869 als Naturalienhandlung und Muschelwarenfabrik gegründet, später u.a. als „Naturalienhandlung und Museum“ bezeichnet. In zweiter Ehe war J.F.G Umlauff mit Caroline Hagenbeck (1839-1918), einer Schwester des Tierhändlers Carl Hagenbeck, verheiratet. Diese Verbindung ermöglichte dem phantasievollen Firmengründer J. F.G. Umlauff lukrative Geschäftsbeziehungen mit den Firmen der Familie Hagenbeck. Das Unternehmen war zunächst am Spielbudenplatz angesiedelt und seit den 1930er Jahren im Privathaus Hamburg-Stellingen.
Heinrich Umlauff, der Großvater Gisela Bührmanns, gab weiterhin das Sammeln von Exotica in Übersee in Auftrag und ersteigerte Stücke auf Auktionen, wirkte an der Gestaltung von Völkerschauen aus, erwarb aber auch Ethnografica aus den Hagenbeckschen Völkerschauen. So stattet die Firma z.B. die Filmindustrie der Weimarer Republik mit kolonial-exotischen Requisiten und Inszenierungen aus.
1932 – mit sieben Jahren – zog Gisela Bührmann zusammen mit ihrem Zwillingsbruder und ihren Eltern in eine Villa in Othmarschen um, erbaut von dem modernen Architekten Karl Schneider. Während des Zweiten Weltkrieges übersiedelte Gisela Bührmann wieder zu ihrer Großmutter ins „Museumshaus“ nach Stellingen. So stehen ihre ersten entscheidenden Lebensjahre unter dem tiefen Eindruck der Sammlung des großväterlichen Museums: „Nach eigenem Bekunden begann Gisela Bührmann das Zeichnen inmitten der ethnologischen Exponate im großelterlichen Privathaus, zunächst autodidaktisch. Der eindringliche Blick auf die stillen Dinge, die gesammelt und bewahrt werden, wurde prägend für ihr späteres künstlerisches Werk“ (Dagmar Lott-Reschke 2012:52).
Sie wurde zeitweise als Hilfsarbeiterin in einer Elektrofabrik verpflichtet. 1943 begann sie eine Ausbildung an der „Meisterschule für Mode“ mit dem damals offiziellen Untertitel „Fachschule der Hansestadt Hamburg für Damenschneiderei, Berufsfachschule für Modegraphik, Theaterkostümentwurf und textile Handarbeit“ in der Armgartstraße 22 (gegründet 1921 als „Staatliche Schule für Frauenberufe“, gehört heute zur Hochschule für Angewandte Wissenschaften).
Nachdem das Umlauffsche Haus in Stellingen 1943 zerstört worden war, zog sie mit ihrer Mutter in eine Behelfswohnung in Waldmünchen im Bayerischen Wald. 1945 bestand sie im benachbarten Cham ihr Abitur und nahm im darauf folgenden Jahr ein Studium an der Landeskunstschule in Hamburg auf, der späteren Hochschule für Bildende Künste am Lerchenfeld. Dort war sie Schülerin von Willem Grimm (Hamburger Sezession). Zu ihren Kommilitonen zählten Jutta Metzger, Harald Duwe und Klaus Frank; in Freundschaft verbunden war sie Künstlern wie Paul Wunderlich, Ursula Lefkes, Horst Janssen und Siegfried Jonas.
Mit ihrem 1952 erworbenen Examen als Kunsterzieherin konnte sie als Lehrerin an Hamburger Gymnasien arbeiten. Weiterhin war sie als freie Künstlerin tätig. In einer Dachwohnung in der Sierichstraße 52 lebte sie in Ateliergemeinschaft mit den beiden Grimm-Schülern Kai Sudeck und ihrem Lebensgefährten, dem Maler Reinhard Drenkhahn. „Die lebensfrohe, junge Studentin Willem Grimms, deren überragendes Talent sich früh zeigte, musste erleben, dass ihr gleichaltriger Freund und Gefährte Reinhard Drenkhahn, der engste Kumpan Horst Janssens, mit 33 Jahren freiwillig aus dem Leben schied. Dieses Ende blieb die entscheidende Zäsur ihres Lebens, war die Ursache ihrer Schwermut, wurde aber auch zu ihrem künstlerischen Stimulans“ (Julika Pohle in „Die Welt“ v. 20.09.2012; vgl. de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Drenkhahn). Sie bewahrte Drenkhahns künstlerischen Nachlass und sorgte für sein Andenken.
1963 mit 41 Jahren erhielt Gisela Bührmann das renommierte Stipendium für einen Aufenthalt in der Villa Massimo in Rom. Ein Jahr darauf lernte sie den Kinderarzt und Sammler Dr. Martin Sudeck kennen, mit dem sie bis zu dessen Tod 1992 in Hamburg lebte. In ihrer gemeinsamen Wohnung am Harvestehuder Weg 63 bauten sie eine nach wissenschaftlichen Prinzipien geordnete Naturaliensammlung auf, die sie von Sommerurlauben mitbrachten – hier schließt sich der Kreis zur frühen Prägung Bührmanns im großelterlichen „Weltmuseum“. 1968 erhielt Gisela Bührmann den Edwin-Scharff-Preis der Stadt Hamburg. Bis zu ihrem Tod arbeitete sie als freie Künstlerin zurückgezogen im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst.
Zu ihrem Oeuvre schrieb der Kunsthistoriker Heinz Spielmann: „1959 entstanden ihre ersten Radierungen, zwei Jahre später ihre, wie sie sagte, ersten für sie selbst gültigen Zeichnungen, und abermals zwei Jahre später folgten während eines Rom-Stipendiums in der Villa Massimo ihre ersten Gemälde. Wenn sie in ihren Zeichnungen und druckgrafischen Blättern bislang Figuren und Szenen, Häuser und Landschaften beschäftigten, so von jetzt an fast ausschließlich das Stillleben, das sie als Thema vier Jahrzehnte lang fesselte und das sie meisterlich beherrschte. Ihre Bilder sind weniger "Stillleben" als "Nature morte"; sie zeigen tote Lebewesen wie Vögel oder Muscheln, Tier- und Menschenschädel, oft auch verbrauchte Dinge und Gegenstände, die jemand hinterließ. Später malte sie Trümmerfragmente einer Villa, die der Feuerwehr als Brandschutzübung gedient hatte. Vergänglichkeit und Memento mori, immer schon das Thema der Stillleben schlechthin, blieben für sie eine ständige Lebenserfahrung. Aus ihr heraus machte sie aus Trivialem Preziosen.
Grabstätte Gisela Bührmann, Quelle: Mutiger speer (Diskussion) 17:36, 25 March 2017 (UTC), CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Ihre Malerei, die anfangs der Zeichnung und ihrem Schwarz-Weiß nahestand, wurde im Laufe von zwei, drei Jahrzehnten farbiger und zugleich reduzierter. Zum Schluss genügten ihr Pflastersteine als Thema. Je länger sie malte, umso sparsamer nutzte sie dafür eine Handvoll Gegenstände, umso subtiler und nuancierter wurde ihre Malerei. Sie fand dafür das Verständnis of the happy few, zu denen Günter Busch, der langjährige Direktor der Bremer Kunsthalle, der Hamburger Galerist Michael Hauptmann, einige private Sammler sowie Horst Janssen und Paul Wunderlich gehörten. Janssen schrieb über sie und ihre Arbeiten: ‚Hätte einer ... noch Wohlgefallen am Maß und am Angemessenen – hier hätte er die Kabinettstücke der Gisela Bührmann ... Und es käme ihm bei aufmerksamer Betrachtung ... womöglich die Erkenntnis: Melancholie kann durchaus die Wurzel einer gemessenen Heiterkeit sein – einer Heiterkeit, weg von der Straße ...'.
Die wichtigsten norddeutschen Museen bewahren ihre Bilder und Blätter; Schloss Gottorf besitzt ihr gesamtes druckgrafisches Werk. Hamburg ehrte Gisela Bührmann mit dem Edwin-Scharff-Preis und (1970) mit der Aufnahme in die Freie Akademie der Künste, wo ihr Wort den Freunden auch dann – und gerade dann – etwas galt, wenn sie sich abseits aller Konformität äußerte. Anpassung war ihr zuwider, aber welcher Künstler, der dem Zeitgeist Reverenz erweist, verdient sich Respekt und Zukunft – ?" (Zitat von Heinz Spielmann: Nature morte. Zum Gedächtnis. Kunsthistoriker Heinz Spielmann würdigt die Künstlerin Gisela Bührmann. In: Die Welt vom 12. 5.2011).
Text: Dr. Cornelia Göksu
Quelle:
Dagmar Lott-Reschke, Gisela Bührmann in: Hamburgische Biografie. Personenlexikon. Hg. v. Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke. Band 6 (2012), Seite 51-53.
Einzelausstellungen: 1972 Kunsthalle Bremen; 1983 Kunstverein Hamburg; 1998 im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum Schloss Gottorf und 2002 im Altonaer Museum Hamburg.
 

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