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Ilse Benkmann

( Ilse (Ille) Benkmann, geb. Cortobius )
(12.5.1933 – 17.9.2021)
Stifterin, Inklusions-Aktivistin
Fuhlsbüttler Straße 756, Ohlsdorfer Friedhof, Grablage: BS 69 – 133 (Stiftung Alsterdorf)
Paul-Stritter-Weg 2
In der Traueranzeige des Vorstandes der Evangelischen Stiftung Alsterdorf heißt es über das Leben von Ille Benkmann: „Seit über 50 Jahren hat sich Ille Benkmann als engagierte Mutter aktiv und zugewandt für die Belange ihres Sohnes und die seiner Mitbewohner*innen eingesetzt, zugleich hatte sie die Rahmenbedingungen in der sozialen Arbeit immer mit dem Blick. Ihr ehrenamtliches Wirken reichte in die gesamte Stiftung hinein, vor allem in der Angehörigeninitiative und in unserer Kirche. Ille Benkmann wurde zur Vorleserin, Mitdenkerin, Förderin und Inklusions-Aktivistin. Sie hat die großen Veränderungen unserer Stiftung begleitet. Sie gestaltete mit, sie hinterfragte, sie machte Mut.“ 1)
Neben ihrem Engagement als Inklusions-Aktivistin war Ille Benkmann eine begeisterte Ruderin. Und ist denn auch in der vom Hamburger Ruderinnen-Club v. 1925 e. V. und der Hamburger Ruderinnen-Stiftung veröffentlichten Traueranzeige zum Tode von Ille Benkmann zu lesen: „Rudern war bedeutender Lebensinhalt für sie, das Wohlergehen ihres Sohns in der Stiftung Alsterdorf ihre wichtigste Aufgabe. Die Gemeinschaft der Ruderinnen im Verein bot ihr Vertrauen, das Erlebnis vieler Wanderfahrten und die damit verbundene sportliche Leistung waren ihr Stärkung und Bestätigung. Ille Benkmann war im Hamburger Ruderinnen-Club vielfältig engagiert, u. a. als 2. Vorsitzende und Ausbilderin, und hat viel Gutes getan. Durch die Errichtung der Ruderinnen-Stiftung unter dem Dach der Haspa Hamburg Stiftung wird ihr Vermächtnis erhalten bleiben.“ 2)
Um das dauerhaft zu unterstützen, was ihr lieb war, rief Ille Benkmann 2007 die Hamburger Ruderinnen-Stiftung ins Leben und „richtete (…) [außerdem] unter dem Dach der Haspa Hamburg Stiftung zwei Stiftungsfonds zugunsten der Ev. Stiftung Alsterdorf und der Elbphilharmonie ein“. 3)
Noch im Alter von über 70 Jahren stieg sie fünf Mal die Woche ins Ruderboot. Vom Deutschen Ruderverband wurde Ille Benkmann sogar mit der Äquatormedaille ausgezeichnet, denn sie war im Laufe der Jahre über 42.000 Kilometer gerudert. Zum Rudern war sie durch ihre Erkrankung an Tuberkulose, an der sie im Alter von 13 Jahren gelitten hatte, gekommen. Um sich nach überstandener Krankheit zu stärken, begann sie auf Anraten des Arztes mit dem Rudern. „‘Dann wurde das Rudern zur Leidenschaft, (…). Dabei spielt auch der Verein eine Rolle. Der Hamburger Ruderinnen-Club von 1925 e.V., der – nomen est omen – nur weibliche Mitglieder aufnimmt, sei ihr wie eine Familie ans Herz gewachsen. Die starke Verbundenheit zu den Sportkameradinnen half ihr auch über persönliche Schicksalsschläge hinweg. Ihre zwei Ehepartner verlor Ille Benkmann durch Tod. Ihr Sohn Thomas, der geistig behindert ist, lebt seit einigen Jahren in der Ev. Stiftung Alsterdorf. Ihren finanziellen Spielraum möchte sie für Einrichtungen einsetzen, die ihr persönlich wichtig sind,“ 3) heißt es im Jahresbericht der Haspa Hamburg Stiftung aus dem Jahre 2007. Und Jana Tiemann präzisiert in ihrem Artikel „Ein Leben lang für andere da sein“ aus dem Jahr 2008, dass das Geld für die Errichtung der Stiftungen aus einer Erbschaft kam.
Über Ille Benkmanns Lebensweg schreibt Jana Tiemann: Heirat 1958 „in ein katholisches Dorf in Westfalen. Ein Jahr später liegt sie in den Wehen. Draußen sind es minus 17 Grad. Der einzige Kreißsaal wird gelüftet, bevor die nächste Gebärende hereingeschoben wird. Bei der Eiseskälte stoppen ihre Wehen sofort - für neun Stunden. Als der kleine Thomas endlich das erste Mal schreit, scheint alles in Ordnung.
Der Pfarrer kommt, segnet die Wöchnerinnen und ihre Neugeborenen. Nur die Protestantin Benkmann würdigt er keines Blickes. ‚Ich war die Aussätzige‘, sagt sie. Zurück zu Hause ist die junge Mutter auf sich gestellt. Ehemann und Schwiegermutter, die im gleichen Haus wohnt, gängeln sie. Nach nur zwei Jahren Ehe lässt sich Ille Benkmann scheiden.
1960 heißt das ‚schuldig geschieden‘. Aber für die junge Frau zählt nur eins: ‚Mein Sohn war schützenswert.‘ Sie musste die Verantwortung für sich und ihr Kind übernehmen. Mit einem Baby auf dem Arm, einem Koffer in der Hand und Schulden bei dem Scheidungsanwalt steht sie wieder auf der Türschwelle ihrer Mutter in Hamburg. Die Vier-Zimmer-Wohnung teilen sie mit Vertriebenen. Die junge Frau zieht mit Baby und Mutter in ein Zimmer. Was sie fühlte? ‚Freiheit.‘ Tagsüber arbeitet sie zunächst als kaufmännische Angestellte und bezahlt den Anwalt ab. Die restlichen Stunden gehören ihrem Kind. Zum Rudern hat sie weder Zeit noch Geld.
‚Meine engsten Freundinnen aus dem Ruderklub waren verheiratet und weggezogen‘, erzählt Ille Benkmann. Die Frauen schreiben sich. Und ihre Mutter passt auf ihr Kind auf. Bei der Arbeit hat sie sogar einen Mann kennengelernt. Ihr Leben jedoch meistert sie allein. Der Mann hat keine Kinder, ist aber verheiratet. 39 Jahre wird sie seine Geliebte sein. (…) Sie verdient jetzt gut in der Anzeigenabteilung bei der Handelskette Mehrwert. Sobald Thomas in die Schule kommt, wollen sie sogar eine eigene Wohnung beziehen.
Bei dem Vorstellungstermin sagt die Leiterin des Schulkindergartens: ‚Ihr Sohn ist normal groß für sein Alter, aber in seinem Verhalten ist er nicht soweit, schicken sie ihn auf eine Lernbehinderten-Schule‘ (…). Im Universitäts-Krankenhaus Eppendorf stellen die Ärzte fest, dass der kleine Thomas geistig behindert ist.
Sie kennt in den Sechzigern niemanden der geschieden ist und niemanden, der ein behindertes Kind hat. (…). ‚Ich musste gesund bleiben, für mich und mein Kind‘, so Ille Benkmann. Sonntags im Gottesdienst bittet sie nur sehr selten um etwas.
‚Ich habe meistens gedankt - für die Kraft, den Lebensmut und meinen Glauben‘, sagt sie. Alles drei sei ihr geschenkt worden. Diese Geschenke pflegt die Hanseatin - auch indem sie lernt, Dinge zu akzeptieren, die sie nicht ändern kann. (…). Thomas kommt auf die Tagesschule einer Behinderten-Einrichtung. Seine Mutter arbeitet inzwischen in der Anzeigenabteilung des Jahreszeitenverlags. Nebenbei ist sie auch noch Geliebte. Montagabends rudert sie wieder. Außerdem engagiert sie sich ehrenamtlich an Thomas Schule, erst als Elternklassensprecherin, dann als Schulsprecherin. (…).
seit 1978 wohnt Thomas in den Alsterdorfer Anstalten. In der freigewordenen Zeit führt seine Mutter fort, was ihr gut tut: ihre Kraft und ihren Lebensmut weiter zu geben. (…). Ille Benkmann hilft bei der Ausbildung im Ruderklub, verbringt Zeit in der Wohngruppe ihres Sohnes und im Elternbeirat. (…)
Nach dem Tod der Frau ihres Geliebten, heiratet sie 2000 ein zweites Mal. Drei Jahre später stirbt ihr Mann an Krebs. (…). Nun wohnt sie wieder in Fahrraddistanz zwischen Alsterdorf und ihrem Ruderklub.
Kurze Zeit darauf erbt Ille Benkmann. (…). Sie stiftet soviel, wie sich gut anfühlt (…). Die Hälfte behält sie - für ihren Sohn“ 4).
Quellen:
1) Traueranzeige im Hamburger Abendblatt vom 2./3. Oktober 2021.
2) Traueranzeige im Hamburger Abendblatt vom 2./3. Oktober 2021.
3) Haspa Hamburg Stiftung, Jahresbericht 2007, S. 7, unter:; www.haspa-hamburg-stiftung.de/fileadmin/download/pdf/HaspaHHStiftung-Jahresbericht2007.pdf
4) Jana Tiemann: Ein Leben lang für andere da sein, in Welt am Sonntag vom 19.10.2008, unter: www.welt.de/wams_print/article2596022/Ein-Leben-lang-fuer-andere-da-sein.html
 

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