Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Züchtigungsrecht des Ehemannes

Hopfenmarkt: Der Fall Hans Gorrier (16. Jahrhundert), Gattenmörder
(Ausschnitt aus dem szenischen Rundgang: "Von der Permanenz von Kriegen im Großen wie im Kleinen", Sprecherinnen: Rita Bake, Dieter Schmitt)
Der Fall Hans Gorrier: Am 18.4.1586 fand auf dem Hopfenmarkt eine, für heutige Augen, grausame Hinrichtung statt. Der ehemalige Küster von Eppendorf, Hans Gorrier, wurde mit glühenden Zangen gezwickt und danach lebendig gerädert. Gorries, seiner Frau überdrüssig geworden, hatte sie mit einer raffiniert angebrachten Flinte, deren Abzug er mit einem Bindfaden auslöste, am Tisch sitzend erschossen.
Szenenbild aus dem szenischen Rundgang "Von der Permanenz von Kriegen im Großen wie im Kleinen", Dieter Schmitt als Gattinenmörder Hans Gorrier
Die Hamburger Stadtrechte des Mittelalters und der frühen Neuzeit erlaubten dem Ehemann zwar nicht, seine Ehefrau zu töten, jedoch aber deren Züchtigung, wenn sie eine „Verfehlung“ begangen hatte. „Züchtigt ein Mann seine Frau, oder schlägt er sie, wenn sie es verschuldet hat, das darf er wohl tun. Aber schlägt er sie tot, so muss er es mit seinem Leben bezahlen“, heißt es im Hamburger Stadtrecht von 1270.
Als geeignetes Züchtigungsmittel empfahl das Hamburger Stadtrecht, die Frau in „eine Kammer zu schließen und ihr zu essen zu geben, bis sie sich wieder anständig benimmt“.
Misshandelte der Ehemann seine Frau, ohne dass sie eine „Verfehlung“ – was immer das auch sein mochte – begangen hatte, musste er damit rechnen, dass er seine Verfügungsgewalt über sein Vermögen verlor.
Mit Recht wies Hans-Peter Plaß in seinem Aufsatz über die „Behandlung von Gewaltätigkeiten des Ehemannes im spätmittelalterlichen Hamburg und Lübeck“ darauf hin, dass es schwer zu beurteilen ist, „wie groß die Chancen der Frauen waren, vor Gericht zu beweisen, daß sie ihren Männern keinen Anlaß zur Gewalttätigkeit gegeben hatten. „(...) man muß bedenken, daß Männer zu Gericht saßen, die möglicherweise allen Frauen eine Neigung zu Zank und Streit unterstellten. (...) Es könnte also sein, daß die Richter den Frauen von vornherein eine Mitschuld am Verhalten des Mannes gaben“. [1]
Für eine Ehefrau, die mit einem gewalttätigen Ehemann zusammenlebte, gab es wenig Fluchtmöglichkeiten. Sie konnte zu ihrer Familie zurückzukehren, sich also wieder in die Obhut ihres Vaters begeben – vorausgesetzt der Vater nahm seine Tochter wieder auf. Ein männlicher Vormund durfte vor Gericht die Rechte der Frau vertreten. So war die Frau auf die Unterstützung männlicher Verwandte angewiesen, wenn sie ihren gewalttätigen Ehemann gerichtlich belangen wollte. Sie konnte auch eine Trennung von Tisch und Bett erwirken, die die Möglichkeit einer neuen Eheschließung jedoch ausschloss. Eine Scheidung, d. h. eine Auflösung der Bande mit der Möglichkeit der Wiederverheiratung, war bis zur Zeit der Reformation nicht zugelassen. Denn seit dem 11. Jahrhundert galt eine unter Christen eingegangene Ehe nur durch den Tod als auflösbar. Eine Trennung von Tisch und Bett musste die Frau beim Domprobst, also beim geistlichen Gericht, erwirken. War der Trennungsgrund die Gewalttätigkeit des Mannes, wurde nur eine zeitweilige Trennung ausgesprochen. Jedoch ist nicht nachweisbar, ob „die Hamburger Dompröbste Gewalttätigkeiten als Trennungsgrund anerkannten“. [1] Erst ab 1640 wurden Scheidungen rechtsgültig. Jedoch durfte nur der oder die unschuldig Geschiedene eine neue Ehe eingehen.
Scheidung bedeutete für sehr viele Frauen materielle Not. Hinzu kam noch die gesellschaftliche Diskriminierung einer Geschiedenen, einer, die es nicht geschafft hatte, ihrer Bestimmung als Ehefrau gerecht zu werden.
Text: Rita Bake
Anmerkungen:
1 Hans-Peter Plaß: Behandlung von Gewalttätigkeiten des Ehemannes im spätmittelalterlichen Hamburg und Lübeck. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte. Bd. 76. Hamburg 1990.
 

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