Hamburger Frauenbiografien

Frauenbios

Heilige Maria, Schutzpatronin Hamburgs

Schutzpatronin Hamburgs im Mittelalter
Am Mariendom 1, St. Marien-Kirche (heute)
Domplatz (ehemals)
Siehe zur Marienverehrung auch unter: St. Marien Dom
Siehe auch unter: Trostbrücke
Siehe auch unter: Altes Rathaus
Siehe auch unter: Kapelle Maria tom Schaare
Siehe auch unter: Hamburger Rathaus
(Ausschnitt aus dem szenischen Rundgang: "Alles nur Theater mit den Frauen", Sprecherinnen: Rita Bake, Beate Kiupel, Herma Koehn)
Der Mariendom
„Nur mit Schaudern tritt man in dies alte Gemäuer, so verfallen, dunkel und schmutzig ist alles, so nahe scheint es dem Einsturze. (...) Zu den Eulen und Fledermäusen, die das alte Gemäuer bewohnen, hat sich auch der Kaufmannsgeist gesellt, der in Hamburg in jedem Winkel thätig ist.
Hamburger Mariendom mit den Türmen der Hauptkirchen St. Petri (2. von links) sowie St. Jacobi (rechts), Quelle: Wikimedia Commons, Peter Suhr (* 17. Juni 1788 in Hamburg, † 20. September 1857 ebenda) / gemeinfrei
Die eine Capelle ist seit vielen Niederlade der Tischler, die hier Betten, Tische, Schränke usw. ausbieten. Auch ein Buchhändler hat sich zu ihnen gesellet, und in den Kreuzgängen und auf dem Kirchhof stehen überall Trödler (...)“. So beschrieb 1801 Garlieb Merkel den im 11. Jahrhundert erbauten Marien-Dom kurz vor seinem Abriss in den Jahren 1804 bis 1807. Er stand damals auf dem heutigen Domplatz in Hamburgs Innenstadt und hatte im Laufe seiner jahrhundertelangen Existenz viele bauliche Erweiterungen erhalten.
Nach der Reformation wurde der Mariendom bis zu seinem Abriss zu einer katholischen Enklave in Hamburg.
Im 19. Jahrhundert kam es im Hamburger Stadtteil St. Georg zu einem Neubau der St. Marien-Kirche und zwar im Hinterhof des von Ordensschwestern 1861 gegründeten Waisenhauses. „Die St. Marien-Kirche ist der erste katholische Kirchenneubau in Hamburg seit der Reformation und steht für ein Wiedererwachen katholischen Selbstbewusstseins in der Diaspora.“ [1] 1995 wurde die St. Marien-Kirche zur Domkirche erhoben.

Marienverehrung
Hamburgs Schutzpatronin hieß nicht immer Hammonia. Im Mittelalter wachte die Heilige Maria über Hamburg. Ein Spaziergang durch das mittelalterliche Hamburg führt immer wieder zur Mutter Gottes. An den Stadttoren, wie dem Stein-, Lübecker-, Winser- und Schaartor sah man Maria als Standbild in einer Mauernische. Auch an der Trostbrücke war sie zu finden, ebenso am alten Rathaus und in der Ratskanzlei. Und „(...) auf monumentalen Darstellungen des Stadtwappens stand sie [Maria] selber im Tor, ihre Stadt verteidigend“, [2] schrieb der Historiker Heinrich Reincke 1966. Selbst auf zahlreichen Hamburger Münzen war ihr Portrait abgebildet. Auf dem silbernen Doppelschilling von 1463 stand sogar: „Conserva nos, Domina – spes nostra virgo Maria.“ „Erhalt uns Herrin, unsere Hoffnung Jungfrau Maria.“
Kleines hamburger Landeswappen: Für die einen sind es die Mariensterne, die links und rechts über den Türmen der Hammaburg leuchten, für die anderen bedeuten die Sterne nichts weiter als heraldische Füllsel. Bild: Freie und Hansestadt Hamburg
Ob es sich allerdings bei den im Hamburger Stadtwappen abgebildeten zwei Sternen über den beiden Flügeltürmen der Burg um die Mariensterne handelt, wie Heinrich Reincke behauptet, ist nicht eindeutig. Die Geschichtsprofessorin Hedwig Röckelein meint, die Sterne seien „aus heraldischer Sicht (..) bedeutungslose Raumfüllsel“. [3] Welche Sicht man auch teilen mag, die Marienverehrung spielte im religiösen Denken des Mittelalters in ganz Europa eine große Rolle und bestimmte damit das Leben der Menschen. Auch die Entscheidungsträger von Hamburg, die Herren Senatoren hatten zu ihr ein sehr enges Verhältnis. Jeden Morgen vor Beginn der Ratssitzung gingen sie in die von Steuergeldern errichtete und der Heil. Maria geweihten Ratskapelle im St. Marien-Dom, um die Messe zu hören und die Heil. Maria um Beistand bei künftigen politischen Entscheidungen zu bitten.
Für die damaligen Politiker war Maria die himmlische Schutzfrau, der man zutraute, einzelnen Menschen, Städten, Ländern und Nationen in weltlichen Belangen wirksam zu helfen. Im Spätmittelalter gewann der Marienkult eine wichtige Funktion für den Umgang mit Konflikten in den nunmehr eigenständigen Städten, weil Maria u.a. „als Symbol städtischer Autonomie und Harmonie alle Stände und Schichten einen konnte“ und „in Krisenzeiten (...) oder innerstädtischen Konflikten als Nothelferin angerufen wurde“. [3]
Den Bürgerinnen und Bürgern – so glaubte man damals – half Maria in Nöten und bei Gebrechen. Sie schützte vor Krankheit, Hunger und der Pest. Sie bewegte Gott, die Menschen nicht zu bestrafen. Unter ihrem Mantel fanden die Menschen Zuflucht. Der Hamburger Reformator Johannes Bugenhagen äußerte sich 1529 über den Marienkult allerdings wie folgt: „Diese Lobpreisung soll sie haben. Doch das ist auch genug. Die aber Maria anrufen und aus ihr eine Mittlerin machen, die uns mit Gott und Christo versöhnen soll, die mögen zusehen, womit sie dies verteidigen können.“
Auch heute hat die Heilige Maria Bedeutung. Der brasilianische Befreiungstheologe Leonardo Boff wird nicht müde, immer wieder Maria als Anwältin, der nach Gerechtigkeit Hungernden anzurufen. Und auch für heutige Frauen spielt Maria wieder zunehmend eine Rolle. Sie ruft jede Frau aufzuwachen, sich zu erheben und für die Realisierung ihrer eigenen Würde als Tochter Gottes zu arbeiten. Die kritische Theologin Dorothee Sölle Maria interpretierte Maria so: „Maria spielt die Rolle einer subversiven Sympathisantin, die die Macht der Herrschenden zersetzt.“
Text: Rita Bake
Quellen:
1 www.mariendomhamburg.de Stand: 26.4.2014.
2 Heinrich Reincke: Hamburg am Vorabend der Reformation. Hamburg 1966.
3 Hedwig Röckelein: Marienverehrung im Mittelalterlichen Hamburg, in: Die Kunst des Mittelalters in Hamburg. Hrsg. Von Volker Plagemann für die Stiftung Denkmalpflege Hamburg. Hamburg o. J.
 

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